Bethlehem-Reise 2008
Zwei Wochen war Pfarrer Karl-Heinz Fuchs zu Ostern 2008 mit 19 Mit-Reisenden im Heiligen Land unterwegs. Zahlreiche Begegnungen mit Juden und Palästinensern standen neben den üblichen touristischen Zielen auf dem Programm. Dieses Gruppenbild entstand vor dem Felsendom in Jerusalem. Einige Fotos und Texte zu unseren Erlebnissen:
Nächste Begegnungsreise: Pfingsten 2012 ...
Fr.14.3. Anreise nach Bethlehem
Am Freitagabend kam die Gruppe in Bethlehem an und fühlte sich gleich im Gästehaus der evangelischen Weihnachtskirche sehr wohl.
Sa.15.3.: Bethlehem - Stadt und Mauer
Am Samstagvormittag zeigte Faten Mukarker, die schon mehrmals unsere Gemeinde besuchte hatte, der Gruppe die Altstadt von Bethlehem.
Natürlich wurde auch die Geburtskirche besucht.
Am Nachmittag fuhr die Gruppe an verschiedene Stellen von Zaun und Mauer. In Bet Sahour, östlich von Bethlehem gelegen, war die Reiseleiterin von Kindern umgeben.
Die große jüdische Siedlung Har Homar ist von Bet Sahour aus unübersehbar.
In der Stadt Bethlehem ist ein Haus von 3 Seiten von der 8 Meter hohen Mauer umgeben. In der Nähe dieses Hauses steht auf deutsch der berühmte Satz von Präsident Kennedy.
Faten Mukarer führte uns auch in den Garten der Familie ihres Mannes. Die Mauer wird durch diesen Garten gebaut. Dadurch verlieren diese christliche Palästinenser ein Drittel ihres Landes.
Der Garten wurde wunderschön terrassenförmig angelegt. Jetzt muss ein Drittel der jüdischen Siedlung Har Gilo weichen.
Für diese Siedlung und den Bau der Mauer wurde ein wunderschöner Wald des katholischen Weinklosters Cremisan platt gewalzt.
Zum Abendessen war die Gruppe im Haus von Faten Mukarker zu Gast.
So.16.3.: Bethlehem, Jerusalem, Efrata
Am Morgen des Palmsonntags nahm die Gruppe an einem fröhlichen und bunten Familiengottesdienst in der evangelischen Weihnachtskirche teil.
Am Nachmittag besuchte die Gruppe die Palmsonntags-prozession in Jerusalem, an der viele christlichen Gruppen aus dem Heiligen Land und aus aller Welt teilnahmen.
Am Spätnachmittag fuhr die Gruppe in die jüdische Siedlung Efrata südlich von Bethlehem und hörte von dem Siedler Bob Lang die Ideologie derer, die im Westjordanland das Land der Palästinensenser in Besitz nehmen und mit zum Teil großen Städten völkerrechtswidrig besiedeln.
Am Abend trafen wir uns mit Mitgliedern der evangelischen Gemeinde Bethlehem im Restaurant des Gästehauses.
Bei gutem arabischem Essen ergaben sich interessante Gespräche.
Mo.17.3.: Jerusalem - christliche und muslimische Altstadt
Am Montag zog die Gruppe in die Altstadt von Jerusalem um. Vom Dach des maronitischen Hospizes hat man eine wunderbare Aussicht über Jerusalem.
Der armenische Christ Albert Aghazarian empfing uns in seinem Haus und hielt einen Vortrag über die Geschichte der Heiligen Stadt und die aktuelle Lage.
Die Altstadt ist verwinkelt gebaut und hat viele kleine Gassen.
"Auf meinem Grabstein soll einmal stehen: Jetzt braucht er keinen Pass mehr", erzählt der Mann, der in Jerusalem geboren ist, aber keinen vollgültigen Ausweis als in Jerusalem lebender Palästinenser hat.
Natürlich besuchte die Gruppe auch den Tempelberg. Die islamischen Heiligtümer Felsendom und Al-Aksa-Moschee dürfen derzeit von Nichtmoslems nicht betreten werden.
Im maronitischen Hospiz konnte die Gruppe Abendessen und Frühstück in familiärer Atmosphäre genießen.
Di.18.3.: Jerusalem: Neustadt und jüdische Altstadt
Der Innenhof des maronitischen Hospizes bietet eine wunderschöne Atmosphäre.
Die Synagoge des Hadassah - Krankenhauses in der Neustadt von Jerusalem ist mit den berühmten Chagall-Fenstern ausgeschmückt. 12 Fenster sind von dem Künstler zu den 12 Stämmen Israels gestaltet.
Rueven Moskovitz, in Rumänien geboren, das Dritte Reich überlebend, in hohem Alter noch für den Frieden aktiv, führte die Gruppe an diesem Tag. Er zeigte uns auch die Holocaust-Gedenkstätte. Besonders bewegend ist die Kindergedenkstätte von Yadvaschem.
Am Nachmittag zeigte der jüdische Reiseleiter der Gruppe den jüdischen Teil der Altstadt einschließlich der Westmauer. Zum Abschluss gab der mit der Mundharmonika ein kleines Konzert in der katholischen Dormitio-Kirche am Zionsberg.
Mi.19.3.: Jerusalem: Vielfalt des Judentums
Westlich der Altstadt von Jerusalem entstanden ab dem 19.Jahrhundert jüdische Stadtteile mit je eigener Prägung. Eine sehr kundige Reiseleiterin erklärte unserer Gruppe diese Viertel.
Wir sahen vornehme Viertel im Bauhaus-Stil.
In religiösen Stadteilen stehen eigene Abfallbehälter für religiöse Schriften.
Jedes Viertel hat seinen eigenen Charakter.
Am freien Nachmittag war zum Beispiel Gelegenheit, noch einmal an die Westmauer zu gehen.
Das Gloria-Hotel, in dem wir die 3.Nacht in Jerusalem verbrachtete, warte mit einem leckeren Salatbüfett auf.
Am Abend besuchte uns noch einmal Rueven Moskovitz, um uns von seinem bewegten Leben zu erzählen und uns noch einmal auf der Mundharmonika vorzuspielen.
Do.20.3.: Wüste Juda und Totes Meer
Bald nach dem Sonnenaufgang startete unsere Gruppe in die Wüste.
Der Blick in die Wüste des Wadi Kelt ist grandios.
Unsere Reiseleiterin Ramzia Sabbagh, eine arabische Christen aus dem Norden Israels, erklärte uns den Tel von Jericho, der ältesten Stadt der Welt, mit knapp 400 m unter dem Meeresspiegel auch die tiefstgelegene Stadt.
Bei En Gedi konnten wir erleben, dass es sogar in der Wüste Wasserfälle gibt.
Auf der Wanderung im Wadi waren auch Steinböcke zu sehen.
Die Tragfähigkeit des Toten Meeres musste getestet werden. Anschließend fuhren wir im Jordantal zum See Genezareth.
Fr.21.3.: See Genezareth und Akko
Im Kibbuz Maagan am See Genezareth ist ein kleines Paradies.
Im Holzboot fuhren wir am Karfreitag über den See Genezareth.
Am See Genezareth.
In der Mittelmeerstadt Akko konnten wir sehen, welche Bauten die Kreuzfahrer hinterließen.
Unsere Reiseleiterin lud die Gruppe zum Kaffeetrinken zu ihrer Familie nach Buqeia im Norden des Landes ein.
Weil der arabische Muttertag war, sangen Pfadfindergruppe der Mutter Ramzias und den anderen Müttern Lieder vor.
Sa.22.3.: Berg der Bergpredigt und Newe Schalom
Auf den Spuren Jesu wanderten wir den Berg der Bergpredigt hinab.
Bei dieser Wanderung fühlten wir uns Jesus besonders nahe.
Nach einer längeren Busfahrt vom See Genezareth Richtung Süden kamen wir in Newe Schalom an, einem jüdisch-arabischen Gemeinschaftsdorf, zwischen Tel Aviv und Jerusalem gelegen.
Bob, ein Mitglied des Dorfes informierte uns über Geschichte und Gegenwart dieses in Israel einzigartigen Dorfes. Ein besonderes Anliegen ist für die Bewohner die Schule, die von jüdischen und arabischen Kindern besucht wird, auch von Kindern außerhalb des Dorfes.
So.23.3.: Ostern in Newe Schalom, Beduinen, Familienforum
Den Ostermorgen begrüßten wir mit einem Gottesdienst in Newe Schalom.
Anschließend fuhren wir an den Rand der Wüste und besuchten den Beduinenort Laqiya.
Frauen führten uns die Webkunst vor. Durch den Kauf von Teppichen und anderen gewebten Stücken kann die Kunst am Leben erhalten werden und können Frauen ihren Lebensunterhalt verdienen.
Die Beduinenfrauen bereiteten uns auch ein köstliches Mittagessen vor.
Am Nachmittag wurden wir in sogenannten nichtanerkannte Beduinendörfer geführt. Der Staat Israel erkennt manche Dörfer nicht an. Diese enstanden als vor rund 60 Jahren bei der Gründung des Staates Israel Beduinen von ihrem Land vertrieben wurden. Nun möchte Israel diese Beduinen wieder an anderen Orten ansiedeln. Die Beduinen haben aber kein Vertrauen in diese Politik.
Sie bleiben lieber in den Dörfern, die nicht mit Infrastruktur versorgt werden. Zwei Vertreter dieser Beduinen zeigten uns ganz einfach eingerichtete Räume, die als Kindergarten, Schulraum und Gemeinschaftsraum genützt werden.
Am Ostersonntag war in Newe Schalom auch ein Osterhase zu entdecken.
Am Abend sprach zu uns eine Vertreterin des Parent's Circle. Eltern von Opfern der Auseinandersetzungen zwischen Juden und Palästinensern haben sich zusammen-geschlossen, um gemeinsam für den Frieden zu werben. Eigentlich treten diese Mitglieder nur paarweise auf, immer ein Jude und ein Palästinenser. Leider konnte an diesem Abend kein Palästinenser zu uns kommen. So hatten wir "nur" eine Jüdin bei uns. Sie hat ihren Sohn verloren - und kämpft nun für ein friedliches Miteinander.
Mo.24.3.: Ostern in Latrun und Mauer in Jerusalem
Am Ostermontag konnten wir an einem Gottesdienst der Jesus-Bruderschaft teilnehmen. An einem Ort, der Emmaus gewesen sein könnte, feierten wir einen Abendmahlsgottes-dienst mit den Brüdern aus Gnadenthal.
Nach dem Gottesdienst informierte uns ein Bruder über die Arbeit dieser Gemeinschaft, die auch das Ziel der Versöhnung hat.
Nach der Verabschiedung unserer Reiseleiterin Ramzia empfing uns in Jerusalem ein Vertreter der jüdischen Friedensorganisation Bet Selem, um uns über die Mauer in Jerusalem zu informieren.
Wir fuhren durch die jüdische Siedlung Har Homar. Wir sahen auch, dass die Mauer nicht nur Juden von Palästinensern, sondern auch Palästinenser von Palästinensern trennt.
In einem palästinensischen Stadteil Ostjerusalems sahen wir ein von Israel zerstörtes Haus. Es war ohne Genehmigung gebaut. Allerdings erhalten Palästinenser auch kaum ein solches Papier. Ihnen bleibt nichts anders übrig, als ohne Genehmigung zu bauen. Und dann müssen sie mit dem Abriss rechnen.
Diese arabische Schule hat nur ein Blechdach, weder für den heißen Sommer noch für den kalten Winter geeignet. Obwohl die palästinensischen Bewohner Jerusalems genauso Steuern zahlen wie die jüdischen Bewohner, erhalten sie weniger Geld für die Infrastruktur.
Vom Ölberg aus konnte man eine breite Straße sehen, die durch die Mauer getrennt wird, die eine Hälfte für Juden, die ander für Palästinenser.
Di.25.3.: Bethlehem: Dar al-Kalima, Schule, Gesundheitszentrum, College, Baumpflanzen, Pfarrer Raheb
Die Gruppe besuchte die evangelische Modellschule "Dar al-Kalima", "Haus des Wortes", nach Johannes 1 benannt.
In dieser Schule werden christliche und muslimische Kinder gemeinsam für ein friedliches Miteinander erzogen.
Die Schule hat 3 Kindergartenjahrgänge und 12 Schuljahrgänge, bis zum Abitur nach 12 Klassen.
Die Schulleiterin führte unsere Gruppe durch ihre Schule und erklärte ausführlich, dass die Schule ganz besondere Friedensprogramme anbietet.
Auch einige Klassen konnten wir besuchen.
Im Gesundheitszentrum, das wir anschließend besichtigten, befindet sich ein kleines Schwimmbad, das von Erwachsenen wie Kindern genutzt werden kann. Dieses Schwimmbad ist das einzige in der ganzen Region. Im Gesundheitszentrum werden Probleme mit dem Gehör, mit Zucker und mit dem Herzen behandelt.
Neben der Schule ist eine Großbaustelle. Hier entsteht eine Fachhochschule für Berufe, die neue Arbeitsplätze schaffen. Immerhin sind die Hälfte der Bevölkerung Palästinas unter 18 Jahren.
Zum Abschluss des Besuches von "Dar al-Kalima" pflanzte unsere Gruppe ganz oben auf dem Berg einen Feigenbaum. "Grün für Bethlehems Kinder" soll damit gefördert werden.
Pfarrer Dr. Mitri Raheb erläuterte am Abend sein Engagement für die Stadt und das Land. "Wir müssen positive Fakten schaffen. Der Messias ist gekommen. Nun sind wir an der Reihe, mit seiner Hilfe uns für das Leben und die Zukunft einzusetzen."
Aachener Friedenspreis 2008 für Pfarrer Dr. Mitri Raheb ...
Mi.26.3.: Hebron
Ein Teil der Gruppe reiste am Mittwoch bereits ab. Die Verbliebenen besuchten Hebron und sahen, wie sich in der palästinensischen Altstadt jüdische Siedler breit machen.
Diese Siedler haben erreicht, dass viele Geschäfte der Altstadt geschlossen sind und der Ort in diesem Bereich eine Geisterstadt geworden ist.
Erika Steinmann, eine Schweizerin, die für die christliche Friedensorganisation EAPPI arbeitet, führte uns durch das Zentrum Hebrons. "Die Palästinenser werden hinausgeeekelt", folgert sie aus dem, was sie erlebt.
So sahen wir die nebenstehende jüdische Inschrift auf einem palästinensischen Haus.
Über dem arabischen Basar wohnen jüdische Siedler. Diese werfen Müll und Steine auf die Straße hinunter.
Die Palästinenser schützen sich durch Gitter und Netze gegen den Unrat und die zum Teil großen Steine.
Die Schweizerin führte uns auch in das Haus einer palästinensischen Familie, das unter einer jüdischen Container-Siedlung liegt.
Die Familie erzählte uns von den Schikanen und Demütigungen, die sie durch Siedler erleben. Die Fenster des Hauses sind durch Gitter geschützt. Der Olivenbaum vor dem Haus kann nicht geerntet werden ... und vieles mehr.
Wenn man die Patriarchengräber, das umkämpfte Heiligtum Hebrons besuchen will, muss man durch strenge Sicherheitskontrollen. Hier tötete 1994 ein jüdischer Siedler 29 Moslems beim Gebet. Anschließend begannen die furchtbaren Selbstmordattentate.
Auf dem Rückweg machten wir am Weinberg der Familie Nassar Halt. Die Familie ist Mitglied der evangelischen Weihnachtskirche. Daoud Nassar erzählte von dem über 10 Jahre andauernden friedlichen und gewaltlosen Kampf gegen die Landeneignung durch Israel.
Do.27.3. Herodion und Mar Saba
Am letzten Tag machten sich einige ihr eigenes Programm in Bethlehem, andere fuhren zum Herodion, dem Berg, der von König Herodes angelegt wurde und in dem man im letzten Jahr dessen Grab fand.
Im Innern des Berges führt ein Gang zur Spitze. Man geht vorbei an vielen Zisternen.
Vom Herodion aus sieht man nach Jordanien, nach Bethlehem und nach Jerusalem. Am Fuß des Berges beginnt eine neue jüdische Siedlung - wie alle Siedlungen zunächst mit Containern.
Die Tour führte weiter zum Kloster Mar Saba im Kidrontal. Im Wadi fließt das Abwasser aus Jerusalem.
Die Klosteranlage passt sich der Wüstenlandschaft an.
Fr. 28.3. Rückreise
Nach einem letzten Abendessen musste unsere Gruppe kurz nach Mitternacht das Gästehaus verlassen. Um 7.00 Uhr (Ortszeit) startete unser Flugzeug in Tel Aviv. Um 9.00 Uhr morgens landeten wir nach vier Stunden Flug in München.
Diese Gruppe pflanzte am Berg der Schule "Dar al-Kalima" in Bethlehem einen Feigenbaum.
Fotos und Texte: Karl-Heinz Fuchs
Nächste Begegnungsreise: Pfingsten 2012
19.2.11 Fuchs